Carl Faulmann

Porträt: Carl Faulmann
Carl Faulmann, Porträtfotografie, um 1875
SLUB Dresden / Deutsche Fotothek
1835-1894

Carl Faulmann

Ein Pionier der Schriftforschung im 19. Jahrhundert

Als Carl Faulmann im Jahre 1880 seine ‚Illustrierte Geschichte der Schrift publizierte, war sein Werk die erste Universalgeschichte über dieses Thema, und es stand allein in der damaligen akademischen Landschaft.

Harald Haarmann, Geschichte der Schrift: Von den Hieroglyphen bis heute, 2002

Carl Faulmann wurde 1835 in Halle an der Saale geboren und absolvierte zunächst eine Setzerlehre. Eine anschließende Phase ausgeprägter Wanderschaft führte ihn unter anderem nach München, wo er 1854 auf einer Ausstellung Kurzschrift-Typen der Königlichen Staats- und Hofdruckerei in Wien sah. In der Folge reifte in Faulmann der Plan, ähnliche Versionen auch für das konkurrierende und vor allem im süddeutschen Raum verbreitete Stenografie-System Franz Xaver Gabelsbergers zu entwickeln. 1855 erhielt er eine Anstellung als „Schriftsetzer für fremde Sprachen“ am Wiener Hof und setze sein Vorhaben erfolgreich um. Nach vier Jahren trat er aus dem Staatsdienst aus und arbeitete als Stenografielehrer und Setzer. Nebenher erweiterte er fortwährend autodidaktisch seine Sprachkenntnisse, lernte unter anderem Hebräisch, Persisch und Sanskrit.

Aus dieser Beschäftigung heraus entstanden mit der Zeit verschiedene sprachwissenschaftliche Grundlagenwerke, die über mehrere Jahrzehnte immer wieder neu aufgelegt wurden. 1878 erschien Das Buch der Schrift, in dem Faulmann erstmals den Versuch einer systematischen Sammlung und Darstellung aller bekannten Schriftsysteme des Erdkreises unternahm. Zwei Jahre später folgte die Illustrierte Geschichte der Schrift, die – wiewohl damals eine Pioniertat – heute als wissenschaftlich überholt gilt: Im eurozentrischen Zeitgeist seiner Epoche wies Faulmann darin den germanischen Runen den Status einer Urschrift der Menschheit zu und brachte sie in Zusammenhang mit den weitaus älteren ägyptischen Hieroglyphen. In den darauffolgenden Jahren publizierte er noch einige weitere Werke wie die Illustrierte Geschichte der Buchdruckerkunst (1882) sowie ein Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (1881-83). 1884 wurde Carl Faulmann zum Professor für Stenografie an der Universität Wien ernannt.