Tarnschriften

Brisanter Inhalt in harmloser Aufmachung

Tarnschriften stellen eine Sonderform der Literatur dar. Um für verbotene Texte die Zensur zu umgehen, wurde das Brisante mittels unverfänglichem Titel oder fingiertem Impressum regelrecht verkleidet. Als Umhüllung wurden unter anderem die Umschläge zu literarischen Klassikern aus Reclams Universal-Bibliothek und der Insel-Bücherei verwendet.

Die meisten Tarnschriften sind aus der Zeit des Nationalsozialismus überliefert. Allein achtzig Prozent wurden von der verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) in Umlauf gebracht. Als kleine Dünndruckbroschüren wurden die Schriften alltäglich genutzten Nahrungsmitteln, Filmverpackungen und Samentüten beigelegt: So landeten beispielsweise die NS-kritischen Aufsätze des emigrierten Schriftstellers Thomas Mann in einem Teebeutel der Marke Lyon’s Tee.

Aber auch Bauanleitungen für Kurzwellenempfänger, mit denen antifaschistische Auslandssender empfangen werden konnten oder Tipps zur Vortäuschung von Krankheiten, um vom Kriegsdienst befreit zu werden, wurden mit harmlosen Titeln illegal verbreitet.