Umbra vitae
Umbra vitae
Kirchner, immer mal wieder. Er hat in seinen Mussestunden schon seit Jahren zu eigener Freude Heyms Umbra vitae illustriert, und zwar derart, dass er die alte Ausgabe hernahm und jeweils unter den einzelnen Gedichten, die nie eine Seite voll ausfüllen, einen kleinen Holzschnitt eingefügt hat, der dann den frei gebliebenen Satzspiegel bis zur Seitenzahl ausfüllt.
Aus einem Brief des Verlegers Giovanni Mardersteig an Kurt Wolff von 1922
Die Gedichte des jung verstorbenen Expressionisten Georg Heym (1887-1912) erschienen bereits kurz nach seinem Tode und inspirierten den expressionistischen Maler Ernst Ludwig Kirchner. In Zusammenarbeit mit dem Verleger Kurt Wolff und seinem künstlerischen Berater Hans Mardersteig entstand von 1922 bis 1924 die vorliegende Ausgabe, wobei die Gesamtausstattung hauptsächlich nach den Angaben von Kirchner realisiert wurde. Er schuf die Holzschnittillustrationen, gab die Vorgaben für Papier, Schrifttype, Satzspiegel, Druckfarbe etc. vor und konnte mit diesem Buch seine Vorstellungen von einem buchkünstlerischen Gesamtkunstwerk verwirklichen. Die Auflage betrug damals 510 Exemplare, wobei das Buch nach seinem Erscheinen nur geringen Absatz fand und erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch steigendes Interesse am Expressionismus mehr Bedeutung erlangte.
Das Werk gilt heute als eines der wichtigsten Beispiele expressionistischer Buchkunst, bei dem zum ersten Mal eine Verlagsausgabe nach einem künstlerischen Gesamtkonzept produziert wurde.