Gotischer Bucheinband von Johannes Richenbach

Einband: Johannes Richenbach
Gotischer Einband von Johannes Richenbach, nach 1478
Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig

Gotischer Bucheinband von Johannes Richenbach

Ein Meisterwerk spätmittelalterlicher Einbandkunst, nach 1478

Kleider machen Leute, Einbände machen Bücher.

Edwin Redslob, 1930

Der Bucheinband aus hellem Leder mit den filigranen Blinddruck-Verzierungen stammt aus der Hand von Johannes Richenbach (gestorben um 1486), einem bedeutenden Buchbinder des 15. Jahrhunderts. Rosen- und Lilienstempeln, sowie Stempel mit dem Bildnis Christi und dem Agnus Dei schmücken den Vorderdeckel. In einem umlaufenden Rahmen ist der Titel des Buches in Textura aufgeprägt. Richenbach, eigentlich Kaplan der Stadtkirche von Geislingen bei Ulm, widmete sich neben seiner klerikalen Tätigkeit mit Leidenschaft der Buchbinderei. Er nutzte die Errungenschaften des neu erfundenen Buchdrucks und verwendete bewegliche Lettern, um seine Werke zu signieren und mit einem Titelaufdruck zu versehen. In einigen Fällen findet sich auch der Name des Auftraggebers aufgeprägt. Eine einmalige Besonderheit seiner Arbeiten ist, dass er einzelne Buchstaben oder Stempel durch verschiedene Farben hervorhob. Richenbach gilt als einer der ersten Buchbinder, der in Deutschland mit Rollstempeln als Verzierungswerkzeug experimentierte.

Lange Zeit war Leder eines der Hauptmaterialen für Bucheinbände. Die frühesten Einbände, überliefert aus Klöstern der Kopten, den altorientalischen Christen in Ägypten, waren meist schlichte Deckel aus Holz oder Papyrus, bezogen mit Ziegen- oder Schafsleder, vereinzelt auch bereits verziert oder gefärbt. Mit der Spätantike kamen verschiedene Verzierungstechniken für Ledereinbände wie der Lederschnitt, der Blinddruck oder die Punzierung auf, welche im Mittelalter weiterentwickelt und verfeinert wurden. Die Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert bot die Möglichkeit, Bücher in größeren Auflagen für einen breiteren Gebrauch herzustellen, was zu einem steigenden Bedarf an Einbänden führte. Hatte man bis dahin oft mit einzelnen Stempeln oder dem Stecheisen gearbeitet, so begannen die Buchbinder nun, mit Stempelplatten oder -rollen  zu experimentieren, um vor allem die Produktion für die große Zahl an Gebrauchseinbänden zu vereinfachen.