Johann Georg Tinius

Stich: Tod eines Bücherliebhabers
Tod eines Bücherliebhabers, Stich aus Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier von J. K. A. Musäus, 1785
Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig
1764-1846

Johann Georg Tinius

Gottesmann, Bibliomane, Mörder

Ich dachte lange an den Magister Tinius, den Bücherverfallenen, der mit seinem Hammer durch die öden Heiden des Fläming schlich: wenn Andere das Geld haben, und er braucht doch die Bücher?!

Arno Schmidt, Das steinerne Herz, 1956

Im Jahr 1813 wurde eine wohlhabende Leipziger Witwe Opfer eines Raubmords. Das Motiv – Geld für den Ankauf von Büchern. Die Tatwaffe – ein Hammer zum Justieren von Bücherregalen. Der beschuldigte Mörder – ein Theologe, Gelehrter und Büchersammler. Der sächsische Pfarrer Johann Georg Tinius war Büchern verfallen. Seine mindestens 40.000 Bände umfassende Gelehrten-Bibliothek erweiterte er ständig. In einem Winter sollen es allein 27 Zentner Bücher gewesen sein.

22 Jahre Gefängnis waren der Preis für diese Sammelwut; seine Bibliothek wurde 1821 versteigert. Doch als echter Bibliomane kannte er auch den Inhalt seiner Bücher auswendig und setzte in Gefangenschaft seine wissenschaftlichen Studien fort.