Hans Magnus Enzensberger
Hans Magnus Enzensberger
In der Nullstellung liegt also nicht die Schwäche, sondern die Stärke des Fernsehens. Sie macht seinen Gebrauchswert aus. Man schaltet das Gerät ein, um abzuschalten.
Hans Magnus Enzensberger, Das Nullmedium oder Warum alle Klagen über das Fernsehen gegenstandslos sind, 1988
Ab den 1950er Jahren machte sich der vor allem als Lyriker bekannt gewordene Hans Magnus Enzensberger als linksliberaler Kritiker der konservativen Adenauer-Republik einen Namen. Nicht nur durch belletristische Veröffentlichungen wie verteidigung der wölfe (1957), sondern auch durch sein umfangreiches publizistisches Wirken prägte er die intellektuelle und kunsttheoretische Debatte maßgeblich mit, etwa durch die Herausgabe der vierteljährlich erscheinenden Kulturzeitschrift Kursbuch (1965-1975) oder der bibliophilen Buchreihe Die andere Bibliothek (1985-2004).
Als Medientheoretiker tat sich Enzensberger vor allem mit den beiden Publikationen Baukasten zu einer Theorie der Medien (1970) und Das Nullmedium oder Warum alle Klagen über das Fernsehen gegenstandslos sind (1988) hervor. Der auf Konsum, Betäubung und gesellschaftliche Erstarrung ausgerichteten Kulturindustrie, die Max Horkheimer und Theodor W. Adorno in ihrer Dialektik der Aufklärung (1947) beschrieben, setzte er – durchaus in der Tradition von Bertolt Brecht – eine stärker auf demokratische Mitbestimmung ausgerichtete Mediennutzung entgegen. Zu seinen zentralen Forderungen zählen dezentrale Programme, Interaktionsmöglichkeiten für die Nutzer und eine obrigkeitsferne Selbstorganisation. Das Fernsehen bezeichnete Enzensberger als „Nullmedium“, da es Kommunikation durch das gefällige Senden inhaltsleerer Belanglosigkeiten geradezu verhindere.