Siegfried Kracauer
Siegfried Kracauer
Die Filme sind der Spiegel der bestehenden Gesellschaft.
Siegfried Kracauer, Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino, 1928
Aus dem außerordentlich vielseitigen Schaffen Siegfried Kracauers ragen heute vor allem seine kultursoziologischen Studien heraus. Nach einem Architekturstudium wurde er 1922 Redakteur der Frankfurter Zeitung und veröffentlichte in den folgenden Jahren die beiden vielbeachteten Studien Das Ornament der Masse (1927) und Die Angestellten (1930), in denen er sich bereits mit den Wechselwirkungen von Kunst und Gesellschaft auseinandersetze.
Wenige Wochen nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler floh Kracauer, der einem kleinbürgerlichen jüdischen Elternhaus entstammte, ins Pariser Exil. 1941 gelang ihm gemeinsam mit seiner Frau im letzten Moment die Flucht in die USA. Dort erschienen nach dem Krieg seine beiden Veröffentlichungen From Caligari to Hitler (dt.: Von Caligari zu Hitler, 1947) und Theory of Film (dt.: Theorie des Films, 1960), die in Anknüpfung an zahlreiche feuilletonistische Texte aus der Weimarer Zeit Kracauers Ruf als einer der geistigen Väter der Filmsoziologie begründeten. Ähnlich wie Lotte H. Eisner in ihrer Studie L’Écran démoniaque (dt.: Die dämonische Leinwand, 1952) sah er in den paranoiden Gesellschaftsentwürfen und den phantastisch anmutenden Tyrannenfiguren des deutschen expressionistischen Films eine latente Spiegelung gesellschaftlicher Befindlichkeiten und somit bereits eine indirekte Vorankündigung des Faschismus.