Universalsprache – eine Utopie?

Plakat: Esperantokongress 1906
Plakat zum zweiten internationalen Esperanto-Kongress in Genf, 1906, von R. De Coninck
Sammlung für Plansprachen der Österreichischen Nationalbibliothek

Universalsprache – eine Utopie?

Träume von der Überflüssigkeit des Übersetzens

Das Unglück der Uneinigkeit der Menschheit kann niemand so stark empfinden wie ein Jude aus dem Ghetto, der zu Gott in einer längst toten Sprache beten muß und seine Erziehung und Bildung in der Sprache eines Volkes erhält, das ihn unterdrückt, und der Leidensgenossen in der ganzen Welt hat, mit denen er nicht kommunizieren kann.

Ludwik Zamenhof, Erfinder der Plansprache Esperanto

Die Universalsprache ist als Idee bereits bei dem deutschen Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz im 17. Jahrhundert vorhanden – als ein System von Zeichen, mit dessen Hilfe alle Objekte und ihre Beziehungen, Gesetze etc. abgebildet werden sollen. In Anbetracht der vielfältigen internationalen Verflechtungen von heute wird die Suche nach einer länderübergreifenden Sprache wieder akut. Sie bekommt durch die Nutzung von allgemeinverständlichen Formeln, Piktogrammen und Symbolen neue Impulse. Als erste verbreitete und praktisch verwendete Plansprache gilt das 1880 von einem deutschen katholischen Pfarrer ersonnene Volapük. Ihr populärster Nachfolger ist das sieben Jahre später von Ludwik Lejzer Zamenhof veröffentlichte Esperanto. Zielsetzung dieser weltweit einzigen voll ausgebildeten Plansprache ist es, Menschen über sprachliche und kulturelle Barrieren hinwegzusammenzubringen. Es wird geschätzt, dass mehrere hunderttausend Menschen Esperanto regelmäßig sprechen, für ein paar tausend ist Esperanto Muttersprache. Die chinesische Regierung veröffentlicht in ihren Auslandsinformationen täglich Nachrichten in Esperanto.

Plansprachen wurden bislang von keiner staatlichen Organisation als Verkehrssprachen eingeführt, obwohl sie – wie Esperanto zum Beispiel in UNESCO-Resolutionen von 1954 und 1985 – als geeignetes Mittel zur internationalen Verständigung durchaus anerkannt werden. Im realen Kommunikationsalltag freilich hat längst Englisch den Platz der überall verstandenen Weltsprache eingenommen. Dessen ungeachtet bleiben automatische Universalübersetzer, wie sie etwa in der populären Science-Fiction-Serie Star Trek vorkommen, als Sinnbild des zivilisatorischen Triumphs über die babylonische Sprachverwirrung eine zentrale menschliche Traumvorstellung.