Dystopie: Eine Welt ohne Bücher
Dystopie: Eine Welt ohne Bücher
Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seinen Boden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken.
Hermann Hesse
Für Büchermenschen ist eine Welt ohne die unablässige Lektüre undenkbar. Bereits auf die Tatsache eines durch Lebenszeit begrenzten Lese-Kontingents reagierte der deutsche Schriftsteller Arno Schmidt bekümmert: „Sagen wir, durchschnittlich alle 5 Tage 1 neues Buch“, bilanzierte er in seinem 1961 veröffentlichten Buch Julianische Tage, „– dann ergibt sich der erschreckende Umstand, dass man im Laufe des Lebens nur 3.000 Bücher zu lesen vermag.“ Die Schlussfolgerung folgt auf dem Fuß: „Sie haben einfach keine Zeit, Kitsch oder auch nur Durchschnittliches zu lesen: Sie schaffen in Ihrem Leben nicht einmal sämtliche Bände der Hochliteratur!“
Bücherfreunde und stärker noch Bibliophile und Bibliomanen, die sich dem Kulturerbe der Bücher gegenüber sehen und so viele wie möglich davon lesen, leihen, besitzen oder auch nur durchblättern wollen, stehen vor einer unlösbaren Aufgabe und vor dem Zwang zur Selektion. Wie ein Blick in die Geschichte lehrt, ist die freie Wahl der Lektüre allerdings oft leichter gesagt als getan: Bücher waren immer auch unter Beobachtung und Kontrolle von Mächtigen, sie wurden verboten, zensiert, verbrannt. Als papierener Inbegriff von menschlicher Bildung und Selbstreflexion kommt ihnen seit jeher enormer Symbolcharakter zu. Wo sie schwinden – wie etwa in Ray Bradburys berühmter Science-Fiction Utopie Fahrenheit 451 (1953) –, lauern Unfreiheit und Barbarei.